Der Call Center Teamleiter ist nicht der beste Coach

Sie als Call Center Teamleiter sind Erfolgsgarant für ein modernes Kampagnenmanagement und eine hohe Mitarbeitermotivation. Doch wenn es um das Coaching geht, sollten Sie auch vor externer Hilfe nicht zurückschrecken! Rainer Wilmers zeigt im Interview, wie das Coaching im Call Center gelingen kann.

Mitarbeiterentwicklung im Service Center

Herr Wilmers, wie erleben Sie die Mitarbeiterentwicklung in den Service Centern?

Die persönliche Kommunikation mit Kunden wird wahrscheinlich immer der wichtigste Anteil im Kundenkontakt sein. Vollkommen automatisierte Dialoge mit einem Anteil von 100 Prozent sind heute für die meisten nicht vorstellbar. In der Kommunikation zwischen Kunde und Unternehmen kommt es also zum entscheidenden Erlebnis. Wie erlebt der Kunde die Kommunikation? Mit welchem Ergebnis und vor allem mit welchem Bauchgefühl? Das sind absolute Basics und enorm wichtig.

Seit Beginn der Service Center trainieren deshalb selbstverständlich alle Unternehmen ihre Mitarbeiter. „Wir trainieren unsere Mitarbeiter durch den Kommunikationstrainer. Außerdem coachen wir die Mitarbeiter vier Mal pro Jahr. Das macht bei uns die Teamleitung“. So oder so ähnlich lautet häufig die Standardantwort in deutschen Service Centern. Das ist nicht effizient und in der Regel mit dem Ergebnis verbunden, dass sich nichts ändert.

Wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben: Spätestens ein paar Tage nach dem Training ist alles wie zuvor. Im Coaching sagt der Teamleiter den Mitarbeitern in der Regel, was sie gut und schlecht machen. Das ist kein tatsächliches Coaching, sondern eher Feedback. Auch damit ändert der Mitarbeiter nichts. Er würde gerne besser telefonieren, wenn er wüsste wie. Nur das zeigt ihm in der Regel niemand.

Was ist aus Ihrer Sicht zu ändern?

Bereits vor vielen Jahren habe ich selbst ein Modell aus Training und Coaching entwickelt, damit die Investition in Training und Coaching effektiv ist und die Mitarbeiter davon wirklich profitieren. Ich würde hier gerne die Rollen differenzieren: Bei dem Kommunikationstrainer ist mir sehr wichtig, dass er statt Theoriemodellen, wie beispielsweise von Schulz von Thun, mit den Mitarbeitern konkrete Methoden trainiert, die sie in der Praxis direkt anwenden können. Ein Kommunikationstrainer der nicht vortelefoniert und zeigt, wie es geht, hat in den Service Centern nichts zu suchen. Hier sind Praktiker gesucht und keine Lehrbuchtrainer.

Kommunikation findet unbewusst statt. Im Gespräch konzentriert man sich immer auf den Kunden und nicht auf das, wie man etwas sagt. Deshalb ist es sehr schwer, das Kommunikationsverhalten tatsächlich zu ändern und erfordert einigen Zeitaufwand. Ohne Coaching kann es aus diesem Grund nicht funktionieren. Coaching bringt nur etwas, wenn man den Mitarbeiter zwei Mal pro Woche mindestens eine Stunde für einen Zeitraum von etwa drei Monaten coacht und mit ihm dabei trainiert und übt. Das ist im Sport ähnlich. Wenn ich als Sportler etwas verändern muss, wie zum Beispiel eine zu korrigierende Handhaltung beim Tennis, würde ich nicht auf die Idee kommen, dass ein Tenniscoach mir vier Mal im Jahr sagt, was ich falsch mache und dann wieder geht.

Der Teamleiter ist nicht immer ein Coach

Sie sagten vorhin dass der Teamleiter nicht der richtige Coach ist. Warum?

Ein Teamleiter soll ein Team leiten und sich um die Führungsaufgaben kümmern. Meist hat er nicht die Zeit, fünf bis sechs Mitarbeiter jeweils zwei Stunden pro Woche für einen Zeitraum von etwa drei Monaten so intensiv zu begleiten. Außerdem ist nicht der beste Chef auch der beste Coach. Von der Offenheit der Mitarbeiter gegenüber ihrem Chef als Coach ganz zu schweigen.

Es hat sich als beste Lösung herausgestellt, wenn dafür geeignete Mitarbeiter aus den eigenen Reihen rekrutiert werden, die je zur Hälfte telefonieren und coachen. Diese werden fachlich von den Kommunikationstrainern geführt, damit sichergestellt ist, dass sie die trainierten Methoden selbst beherrschen. Ich habe es in meiner beruflichen Laufbahn immer wieder erlebt, dass Mitarbeitern, die aus dem Training kommen, von den Coaches gesagt wurde: „Vergiss, was der Trainer sagt. Ich zeige Dir, wie es richtig geht.“. Das geht natürlich nicht. Hier ist der Zusammenschluss wichtig.

Wir brauchen dennoch Teamleiter

Die Teamleiter spielen in Ihrem Modell also keine Rolle?

Die Teamleiter spielen eine sehr wichtige Rolle. Sie führen die Mitarbeiter. Deshalb ist es enorm wichtig, dass sie vor, mitten und am Ende der Coaching-Sequenz mit den Mitarbeitern ein Gespräch führen. Dort  werden messbare Zielwerte festgelegt beziehungsweise überprüft, die sie durch das Coaching erreichen wollen. Am Ende der Coaching-Sequenz werden bei fehlender Zielerreichung weitere Maßnahmen vereinbart. Ich habe in mehreren Testgruppen herausgefunden, dass diese  nicht monetäre Zielvereinbarung die Verbindlichkeit und damit den Erfolg des Coachings deutlich steigert.

Eine Botschaft liegt mir noch am Herzen. Coaching setzt Entwicklungsbereitschaft voraus. Wenn man die Mitarbeiter in einem guten und zusammenhängenden Modell trainiert und coacht, wird sich der Erfolg einstellen. Mit meinem Team habe ich es geschafft, 2016 den Jahrespreis für den besten Kundenservice in der Kategorie Versicherungen zu gewinnen. Vor ein paar Wochen wurden wir im Vergleich mit 35 anderen KFZ-Versicherungen von DISQ als einzige mit der Note sehr gut für unseren telefonischen Kundenservice ausgezeichnet. Sie sehen also, der Aufwand lohnt sich.

Experte Rainer Wilmers

Gesellschafter | AC Süppmayer GmbH

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Wir zeigen Ihnen, mit welchen Mitteln Sie alle Mitarbeiter Ihres Kundenservice wieder motivieren können. Dabei werfen wir auch einen Blick in die Zukunft des Service Centers und gehen der Frage nach, ob die Angst nach dem Verlust des Arbeitsplatzes begründet ist.

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