Alles, was der Kunde erlebt, ist Marke

Die Strahlkraft von Kundendialog auf das Markenerlebnis ist nicht zu unterschätzen: Macht man sich bewusst, dass Marke die Wirkung ALLER Leistungen ist, die wir im Zusammenhang mit einem Unternehmen wahrnehmen, wird plötzlich deutlich, dass sich „Markenwahrnehmung“ eben nicht durch eine Werbung substituieren lässt.

Warum eine gelebte Markenphilosophie abteilungsübergreifen sein sollte und wie relevant Kundenvertrauen ist, lesen Sie in Teil 1 von Prof. Dr. Oliver Errichiello, Professor/Dozent für Markensoziologie und Brandmanagement an den Hochschulen Mittweida und Luzern, Markenexperte und vielfacher Autor.  

Kommunikation hat die Aufgabe, charakteristische Leistungsmerkmale aufzugreifen und zu verstärken. So einfach, so schwer – schließlich setzt dies voraus, sich mit der Leistungsebene zu beschäftigen. Die Begrenzung der Marke auf den Bereich der Kommunikation hat fatale Auswirkungen. Während das Management glaubt, das Thema abteilungsdefiniert eingrenzen zu können, scheren sich Kunden nicht um diese interne Zuordnung:

Für einen Kunden ist alles Marke, was er von einem Unternehmen mitbekommt.

Die meisten Menschen wollen mit Menschen reden – besonders als Kunden

Genau hier liegt die Relevanz und die sehr hoch einzuordnende Bedeutung des persönlichen Kundenservice – egal ob vor Ort oder am Telefon.

Der direkte Kundenservice vor Ort oder am Telefon sind kein „add on“, kein Zusatz oder ein „Bonus“, sondern ein entscheidender, wenn nicht das entscheidende Element der Markenentwicklung und der Markenstärkung. Ein Investment in einen kompetenten und durch Menschen verkörperten Service ist meist an den entscheidenden Wegmarken der Kundengewinnung und Kundenbindung relevant. Nämlich dann, wenn ein Kunde Fragen hat, bevor er einen Kauf tätigt oder wenn ein Problem auftritt. In diesen Momenten möchten sich die meisten Menschen mit einem Menschen unterhalten, der sich „kümmert“ und nicht nur verwaltet.

Ausbildung und Entscheidungskompetenz für Mitarbeiter im Call Center sind kein Kostenfaktor, sondern eine werbliche Investition.

Wie begegnen diesem Wunsch viele Unternehmen? Entweder mit Chat-Bots oder mit dem kaum zu fassenden Wunsch, sich vor der Kundschaft zu verstecken. Man achtet tunlichst darauf, die telefonischen Kontaktdaten in der Tiefe der Internetseite zu verstecken. Oder: Beratung durch einen Menschen kostet eine Gebühr. Informationsbeschaffung als Tätigkeit zu deklarieren, sollte vermieden werden. Welch erbärmliches Signal.

In der Tat: Kaum etwas ist im Hochlohnland Deutschland ist so teuer wie menschliche Arbeitskraft. Aber eben diese Menschen machen den Unterschied und sind keine klassischen Personalkosten, sondern eine direkte Investition in Marketing und Vertrieb.

Selbst Kritiker stimmen dem zu und verweisen auf betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten in hochkompetitiven Verdrängungsmärkten. Sie entwickeln jedoch kaum Fantasie, um Lösungen zu schaffen oder die Notwendigkeiten und Chancen miteinander in Beziehung setzen.

Die Problematik der Durchsetzung liegt am Faktor Zeit: Die meisten Unternehmen haben nicht mehr eine kontinuierliche Unternehmenssteuerung im Blick, sondern bemessen Erfolg und Misserfolg ihrer Aktivitäten an Parametern, die sich schnell und einfach erheben lassen.

Der direkte Wert einer exzellenten Kundenberatung am Telefon lässt sich schwer quantifizieren. Ob eine Werbung auf Youtube zahlreiche Klicks erzielen konnte, aber schon. Und so bedingen vor allem interne Management-Dynamiken den Niedergang des entscheidenden Treibers für Markenstärke: Der Kontakt von Mensch zu Mensch.

Je digitaler die Welt wird, desto mehr ist der persönliche Kundenservice ein Differenzierungsmerkmal und die stärkste Werbung überhaupt – man kann es nur nicht direkt messen, aber wer nur noch in Zahlen denkt, hört auf zu denken.


Prof. Dr. Oliver Errichiello
Experte Prof. Dr. Oliver Errichiello

Markenexperte und Konsumphilosoph

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