Künstliche Intelligenz kann Unternehmen bei ihrem Versuch, die eigenen Kunden besser zu verstehen, maßgeblich unterstützen. Bino Mathew, Director Sales und Marketing bei der Sanvartis GmbH, schildert in einem spannenden Interview, wie das Unternehmen sein Targeting mit Hilfe von KI-Projekten verbessern will und welche Erfolge bereits verzeichnet werden konnten.
Herr Mathew, was war Ihr erster Ansatz, sich mit Künstlicher Intelligenz im Kundenservice zu beschäftigen?
Der Begriff Künstliche Intelligenz (KI) geistert nun schon seit längerem als Buzzword herum. Dennoch blieb er meist diffus und vage. Richtig aufmerksam wurden wir vor ein paar Jahren, als wir konkrete Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz-Modelle in Vertriebs- und Marketingfragen durch einen Kooperationspartner aufgezeigt bekamen. Das eröffnete viel weitreichendere Möglichkeiten in der Kundenbetreuung als es die bisherigen Technologien zuließen.
Welches Ziel haben Sie sich mit der Sanvartis GmbH gesetzt?
Künstliche Intelligenz ist für uns bei der Sanvartis kein Selbstzweck sondern immer nur Mittel zum Zweck. Als Telekommunikationsanbieter im Gesundheitswesen haben wir in unseren Kundenprojekten mit mehreren Tausend Ärzten und Apothekern über individuelle Kommunikationskanäle und mehrere Kontaktpunkte zu tun. Unser moderner Omni-Channel-Marketing-Ansatz basiert auf medizinisch und kommunikativ geschulten Mitarbeitern, praxis-relevanten Inhalten und der Kanalpräferenz der jeweiligen Kunden. Dabei nutzen wir IT-Technologien wie ein eigenes maßgeschneidertes CRM oder BI-Tools, die unsere Mitarbeiter dabei unterstützen, die Kundenbetreuung effektiv zu gestalten. Eine lernende KI spielt hierbei eine entscheidende Rolle.
Unser übergreifendes Ziel ist es, über eine intelligente Orchestrierung von Omni-Channel-Maßnahmen für die Kunden unserer Kunden ein optimales Kundenerlebnis sicherzustellen. Die KI-Lösung hilft uns dabei, schneller und präziser die Kundenwünsche zu erfüllen und die Projektziele zu erreichen.
Was sind Ihrer Meinung nach die größten Vorteile, die Künstliche Intelligenz verspricht?
Wir versprechen uns von Künstlicher Intelligenz zwei Dinge. Einerseits die Integration und Verarbeitung zusätzlicher Datenquellen und Parameter über die klassisch vom Außendienst oder Telefonagenten erfassten Kriterien hinaus. Auf diese Weise tragen wir den individuellen Bedürfnissen der Kunden besser Rechnung. Daraus folgt andererseits, dass die Kundenbedürfnisse sich im Laufe des Projektes ändern können. Daher ist ein starres, rein umsatz-basiertes Targeting der Kundengruppen unzureichend.
Die KI-Lösung hilft uns im Targeting, Kundengruppen viel feingliedriger und zielgerichteter zu gestalten. Dadurch setzen wir eine wesentlich effektivere Kundenbetreuung um, in welcher der Telefon-Agent zur richtigen Zeit Vorschläge durch die KI erhält, die dann auch genau den Bedarf des Kunden treffen.
Der Qualitätsgewinn durch effektivere Kommunikationsaktivitäten, die genau auf validierte Vorschläge abgestimmt und fortlaufend optimiert werden, ist aus unserer Sicht der größte Vorteil, den wir mit Hilfe Künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen realisieren können. Noch sind wir allerdings in einem Lernstadium.
Gibt es wichtige Voraussetzungen, die ein Unternehmen erfüllen muss, bevor es mit dem KI-Einsatz beginnt?
KI-Projekte im Bereich Kunden-Targeting sollten unserer Einschätzung nach drei wichtige Faktoren erfüllen: Eindeutiger Mehrwert für die Organisation und die Beschäftigten, um Vertrauen zu schaffen. Offenheit in dem Unternehmen und Geduld bei den Entscheidern. In erster Linie müssen die Entscheidungsträger in Unternehmen offen sein für die Lösung einer Business Challenge mittels Künstlicher Intelligenz, die keine politischen Entscheidungen trifft, sondern ausschließlich evidenzbasiert empfiehlt. Es ist ein Weg, den man einschlägt und die Lösungsvorschläge sind nicht immer klar oder politisch umsetzbar. Ferner handelt es sich in der Regel um lernende Systeme, die über einen längeren Zeitraum mit Daten gefüllt werden müssen. Die Datenarbeit kostet die meiste Zeit, die hört nie richtig auf. Die Schlussfolgerungen müssen laufend hinterfragt werden und dafür braucht man sicherlich Geduld.
Wie fängt ein Unternehmen mit der KI-Nutzung an? Können Sie die relevanten Schritte nennen?
Im ersten Schritt sollte das Ziel, zum Beispiel der Umsatzzuwachs, klar und messbar definiert sein, basierend auf einer vorliegenden Business Challenge im Unternehmen. Danach folgt im Rahmen einer Bestandsaufnahme, welche Daten mit welcher Aktualität und Validität vorliegen. Elementar ist dabei, wie gut die kundenbezogenen Daten im CRM gepflegt sind. Für den Erfolg eines KI-Projektes ist es ratsam, mit einem überschaubaren Pilotprojekt zu starten, was jedoch wichtig genug ist, valide und sichtbare Ergebnisse zu liefern. Zudem sollte es die internen Ressourcen beim Kunden schonen.
Welche Erfolge können Sie in der Kundenbetreuung bereits verzeichnen?
Im Rahmen von Modellrechnungen konnten wir im Rahmen eines Apothekenvertriebsprojektes eine signifikante zweistellige Umsatzsteigerung aufzeigen.
Welche Erkenntnisse ziehen Sie im Targeting?
Die wesentliche Erkenntnis im Targeting-Bereich liegt darin, dass man durch die Weiterentwicklung der ursprünglichen Targeting-Daten unserer Kunden hin zu dynamischen Targeting-Profilen eine wesentlich zielgenauere und bedarfsgerechte Ansprache mit einem passenden Angebot zur richtigen Zeit erzielen kann. Im Ergebnis führt es zu einer höheren Kundenzufriedenheit mit langfristig höheren Umsätzen.
Was sagen Sie Kritikern zu dem leidigen Thema, dass Künstliche Intelligenz die Mitarbeiter ersetzt – insbesondere im Kundenservice?
Die Erfahrung, dass im Vorwege Bedenken des Mitarbeiterabbaus vorgetragen werden, kennen wir von unseren Mitarbeitern nicht. Generell gilt, dass eine KI-Lösung Freiräume schafft, die es beispielsweise unseren Mitarbeitern erlaubt, Ihre Zeit verstärkt und effektiver für den Kunden einzusetzen. Eine frühe Einbindung und der gegenseitige Austausch sind daher essenziell für den Erfolg eines KI-Projektes. So baut man Vorbehalte ab und zeigt den langfristigen Mehrwert auf.
Mal konkret zum Vergleich: Was sind die Stärken einer KI? Was sind die Stärken menschlicher Mitarbeiter? Und was verspricht deren Kombination?
Das ist eine schwierige Frage. Tatsächlich haben wir noch nicht mit Chatbot-Technologie operiert, sondern bisher rein datenbasiert in der Kundenansprache agiert. Wir sind aber überzeugt davon, dass ein guter Callcenter-Mitarbeiter die persönliche Bindung zum Kunden immer noch am besten aufbauen und ausbauen kann. Die Komplexität von medizinisch-pharmazeutischen Sachverhalten sind noch nicht über eine KI-Lösung, zum Beispiel Chatbots abbildbar. Vereinfacht gesagt, übernimmt die KI-Lösung die einfachen, standardisierten Aufgaben, während der Mitarbeiter sich auf die komplexen Anliegen konzentrieren kann.
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